Wednesday, September 30, 2020

Focus: Hilfsorganisationen fordern Strafverfahren gegen griechische Regierung



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Dramatische Situation auf LesbosFlieger in Hannover gelandet: Hier kommen erste Kinder aus Moria in Deutschland an
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FOCUS Online/Wochit„Werden deutschem Weg nicht folgen“: Kurz kontert Merkel Vorwurf in Moria-Debatte
Mittwoch, 30.09.2020, 12:59


Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria hat die Bundesregierung angeboten, auch noch mehr als 400 Familien mit Kindern von den griechischen Inseln aufzunehmen. Auf Lesbos sollen neue Unterkünfte entstehen, unter Beteiligung der EU. Die aktuelle Lage im News-Ticker von FOCUS Online.


Mittwoch, 30. September, 12.42 Uhr: Die ersten von bis zu 150 minderjährigen Migranten aus dem abgebrannten griechischen Lager Moria sind am Mittwoch in Deutschland ankommen. Der Flieger aus Griechenland landete am Vormittag in Hannover, wie das Bundesinnenministerium mitteilte. Deutschland hat die Aufnahme von Minderjährigen zugesagt, die zunächst aus dem früheren Lager auf der Insel Lesbos auf das griechische Festland gebracht worden waren. An Bord des Fluges waren laut Ministerium 51 unbegleitete minderjährige Migranten aus Moria, die auf mehrere Bundesländer verteilt werden sollen.

dpaMigranten aus Moria steigen aus einer Passagiere am Flughafen in Hannover.




Mit demselben Flug trafen demnach kranke Kinder oder Jugendliche sowie deren Familien ein, insgesamt 88 Menschen. Ihre Aufnahme beruht auf einem früheren Beschluss.

dpaMigranten aus Moria betreten den Flughafen in Hannover.




Hilfsorganisationen fordern Strafverfahren gegen griechische Regierung

Dienstag, 22. September, 16.10 Uhr: Zwei Hilfsorganisationen haben Griechenland im Umgang mit Asylbewerbern systematischen Bruch von EU-Recht vorgeworfen und die EU-Kommission zum Handeln aufgefordert. Die Brüsseler Behörde müsse ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Athen einleiten, heißt es in einer Beschwerde, die am Dienstag im Namen von Oxfam und WeMove Europe an die EU-Kommission ging.





Die Organisationen werfen Griechenland unter anderem sogenannte Pushbacks vor, bei denen Migranten unter Anwendung von Gewalt und ohne Berücksichtigung ihrer individuellen Umstände unmittelbar nach ihrem Überqueren der Grenze wieder in Richtung Türkei zurückgedrängt werden. Zudem würden Schutzmaßnahmen im Asylverfahren auf eklatante Weise missachtet. So biete die jüngste griechische Asylreform nur eine geringe Chance auf ein faires Asylverfahren. Die Einspruchsfristen bei abgelehnten Anträgen seien mitunter abgelaufen, bevor der Betroffene über die Entscheidung informiert worden sei.

Petros Giannakouris/AP/dpa




"Die EU-Kommission ist die Hüterin des EU-Rechts und sollte die Grundrechte aller Menschen in Europa aufrechterhalten und schützen", sagte die Chefin des EU-Büros von Oxfam, Marissa Ryan, der Mitteilung zufolge. Der Großbrand des Flüchtlingslagers Moria vergangene Woche habe gezeigt, dass Europa in dieser Hinsicht versagt habe.

Die EU-Kommission überwacht in der Staatengemeinschaft unter anderem die Einhaltung von EU-Recht. Verstößt ein Land ihrer Meinung nach gegen das gemeinsame Recht, kann die Behörde ein Verfahren wegen Vertragsverletzung einleiten, an dessen Ende eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshofs - und später auch eine saftige Geldstrafe stehen kann.

Die EU-Staaten sind seit Jahren tief zerstritten über die gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik. Am Mittwoch will die EU-Kommission deshalb Reformvorschläge vorlegen.
Feuer im Flüchtlingslager auf Samos - Brand unter Kontrolle

06.42 Uhr: Im Flüchtlingslager Vathy auf der griechischen Insel Samos ist am Sonntagabend aus bisher unbekannten Gründen ein Feuer ausgebrochen. Wie das Insel-Onlineportal "Samos24" berichtete, wurde der Brand von der Feuerwehr schnell unter Kontrolle gebracht. Demnach soll es in einem Bereich des Lagers gebrannt haben, in dem unbegleitete Minderjährige wohnen. Ein Bewohner wurde vorsorglich ins Krankenhaus gebracht, hieß es. Rund 60 unbegleiteten Minderjährigen seien zudem in ein Hotel gebracht worden, wo sie die nächsten Tage bleiben sollen. Der griechische Ableger der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen twitterte, die Ärzte behandelten Menschen, die Rauch eingeatmet hätten. Es seien drei Container niedergebrannt, teilte der Bürgermeister von Ost-Samos, Giorgos Stantzos, am Abend mit.

In der Nähe des Lagers hatte es bereits am vergangenen Dienstag gebrannt, Mehrere Männer waren danach wegen des Verdachts der Brandstiftung in Gewahrsam genommen worden. Seit dem Großbrand im Flüchtlingslagers Moria auf Lesbos vor eineinhalb Wochen ist die Lage auch auf Samos angespannt. Es wird befürchtet, dass Migranten auch dort Feuer legen könnten, wie sie es mutmaßlich in Moria gemacht haben, um das Lager verlassen zu können.

Das Lager auf Samos nahe der Ortschaft Vathy ist mit rund 4500 Bewohnern fast siebenfach überbelegt. Zuletzt wurden 21 Corona-Fälle verzeichnet.
Demonstrationen für Flüchtlingsaufnahme in deutschen Großstädten

Sonntag, 20. September, 13.38 Uhr: Die Hilfsorganisation Pro Asyl will am Sonntag (14.00 Uhr) in Berlin und mehreren anderen deutschen Städten für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem abgebrannten griechischen Lager Moria demonstrieren. An den Protesten beteiligen sich auch zahlreiche weitere Initiativen, darunter die Organisationen Seebrücke, Fridays for Future und die evangelische Kirche.

Das Bündnis fordert die Bundesregierung auf, alle Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen. Alle Flüchtlingslager in Griechenland sollen seiner Auffassung nach außerdem sofort geräumt werden. Die Asylpolitik der Bundesregierung und der EU kritisieren die Organisationen scharf. Demonstrationen sind unter anderem auch in München und Köln geplant. Parallel soll es ähnliche Proteste in anderen europäischen Städten von Lissabon bis Stockholm geben.
Nach Brand in Moria: Übergangslager nahezu voll belegt

14.56 Uhr: Das nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria errichtete Übergangslager auf der griechischen Insel Lesbos ist nahezu voll belegt. 9000 Flüchtlinge seien mittlerweile in der für maximal 10.000 Menschen ausgelegten Zeltstadt untergebracht, erklärte das griechische Migrationsministerium am Samstag. Durch die Brände in Moria vor zehn Tagen waren nach offiziellen Angaben 12.700 Menschen obdachlos geworden. Tausende Menschen campierten daraufhin am Straßenrand, auf Parkplätzen und sogar auf einem Friedhof unter notdürftig errichteten Schutzdächern oder in Campingzelten.

Die griechischen Behörden begannen am Samstag vergangener Woche mit UN-Unterstützung mit der Errichtung eines neuen Lagers auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz in der Nähe des Hafens der Inselhauptstadt Mytilene. Viele der Migranten weigerten sich aber, in das neue Camp zu gehen, weil sie fürchten, dort erneut monatelang unter katastrophalen Umständen festzusitzen. Die Polizei erhöhte schließlich den Druck, um die campierenden, obdachlosen Menschen zum Wechsel in das neue Zeltlager zu bewegen. Die Behörden drohten, die Asylanträge derjenigen, die nicht in das neue Lager ziehen wollten, nicht zu bearbeiten.

-/Migrationsministerium/dpa




Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) unterstützt das neue Lager "als Übergangslösung". Für eine langfristige Unterbringung der Flüchtlinge sei es aber nicht geeignet. "Die griechischen Behörden müssen die Zukunft des Standortes klären", erklärte das UNHCR. Die griechische Regierung hatte alle Flüchtlingslager im Land Mitte März wegen der Corona-Pandemie weitgehend abgeriegelt. Das UNHCR und Menschenrechtsaktivisten kritisierten wiederholt, dass die Corona-Maßnahmen im Rest des Landes sukzessive zurückgenommen wurden, die strikten Regeln für Flüchtlingslager jedoch bestehen blieben.

Anfang September wurde im Lager Moria ein Ansteckungsherd von 35 Infizierten entdeckt. Kurze Zeit später ging das Lager in Flammen auf. Die griechische Staatsanwaltschaft beschuldigt sechs junge Afghanen, die Brände gelegt zu haben. Alle Neuankömmlinge im neuen Lager werden nach Behördenangaben einem Corona-Test unterzogen. Bislang wurden demnach 214 Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus festgestellt.
Merz begrüßt Aufnahme von 1500 Flüchtlingen: "Das überfordert uns nicht"

Samstag, 07.19 Uhr: Der CDU-Politiker Friedrich Merz hat die vom Bund zugesagte Aufnahme von gut 1500 Flüchtlingen von den griechischen Inseln begrüßt. "So lange es in Europa keinen funktionierenden Verteilmechanismus gibt, kann Deutschland einen Teil der anerkannten Flüchtlinge aufnehmen. Das überfordert uns nun wirklich nicht", sagte Merz, der auf dem Parteitag im Dezember für den CDU-Vorsitz kandidieren will, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstagsausgabe).

dpa/Rolf Vennenbernd/dpaFriedrich Merz (CDU)




Merz kritisierte die Bundesländer und Bürgermeister, die nach dem Brand des Flüchtlingslagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos die Aufnahme von Flüchtlingen angeboten hatten. "Es kann nicht jedes Bundesland oder jeder Bürgermeister seine eigene Asyl- und Einwanderungspolitik machen", sagte er. "Denn die Kosten der Unterbringung wollen sie dann trotzdem alle vom Bund erstattet bekommen."

Wichtig sei die menschenwürdige Unterbringung in der EU. Dies sei auch an den Außengrenzen der EU möglich. Die Lehre aus der Flüchtlingskrise von 2015 sei, dass Regeln eingehalten werden müssten. Wer sogar die Aufnahme aller Flüchtlinge fordere, plädiere dafür, die Dublin-Verordnung, wonach Asylanträge im ersten Aufnahmeland gestellt werden müssen, außer Kraft zu setzen, erklärte Merz.
Um 17 Uhr schickte Scholz eine SMS: Wie es zu Merkels Moria-Deal kam

17.14 Uhr: Nach den Bränden im Flüchtlingslager Moria hatte die Bundesregierung am Dienstag entschieden, zusätzlich 408 Familien, insgesamt 1553 Menschen, von den griechischen Inseln aufzunehmen, die bereits als Flüchtlinge anerkannt sind.

Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel das Thema wichtig ist, wurde bereits in mehreren internen Sitzungen Anfang der Woche deutlich. Merkel soll aufgebracht gewesen sein: „Die Wahrheit ist: Wir wussten alle, dass auf den griechischen Inseln sehr unhaltbare Zustände sind“, sagte Merkel am Dienstag Teilnehmern zufolge in der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Wenn Experten des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sagten, dass sie selten auf der Welt so ein Flüchtlingslager wie Moria gesehen hätten, „dann ist das kein Zeichen für Europas Werte und für Europas Handlungsfähigkeit“.

Wie kam es schließlich zum Aufnahme-Deal der Koalitionäre? Am Montagnachmittag erhielt das Bundesinnenministerium vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR detaillierte Informationen zu den Flüchtlingen von fünf griechischen Inseln. Griechenland stimmte der Aufnahme von 408 bereits anerkannten Familien zu, die nicht nur aus Lesbos kommen. Noch am Abend fuhr Innenminister Horst Seehofer ins Kanzleramt, Merkel stimmte sofort zu – so berichtet es der „Spiegel“.

Am nächsten Morgen soll Seehofer dem Bericht zufolge die Arbeitsgruppe „Innen“ der Unionsfraktion im Bundestag informiert zu haben. Doch jemand gab die Informationen an Journalisten weiter, was Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) offenbar unglücklich stimmte. Nach einem Telefonat zwischen Merkel, Seehofer und Scholz, soll die SPD noch einen Satz in dem aufgesetzten Papier ergänzt haben, so der „Spiegel“. Gegen 17 Uhr schrieb Scholz eine SMS: „Wir sind uns einig“.
Migranten gehen in großen Gruppen ins neue Lager von Lesbos

Freitag, 18. September, 10.35 Uhr: Mehr als 5000 Migranten sind nach offiziellen Angaben in den vergangenen Tagen ins Zeltlager von Kara Tepe auf der griechischen Insel Lesbos gegangen. Auch am Freitagmorgen standen Hunderte Menschen Schlange vor dem Eingang des Lagers, wie das Staatsfernsehen (ERT) zeigte. Viele von ihnen verbrachten die Nacht vor dem Eingang des Lagers, damit sie als erste aufgenommen werden. Am Freitag harrten jedoch noch geschätzt 7000 Migranten im Freien aus.

Bislang wurden nach Angaben des Migrationsministers Notis Mitarakis 135 Migranten positiv auf das Coronavirus getestet. Sie wurden im Zeltlager isoliert. Humanitäre Organisationen bemängeln, es gebe nicht ausreichende Gesundheitsfürsorge im Lager. Dies dementierte die Regierung in Athen.

Panagiotis Balaskas/AP/dpaDas neue temporäre Flüchtlingslager ist aus der Luft auf der nordöstlichen Insel Lesbos zu sehen.



Belgien sagt Aufnahme von bis zu 150 Schutzsuchenden aus Lesbos zu

17.52 Uhr: Belgien hat die Aufnahme von 100 bis 150 weiteren besonders schutzbedürftige Menschen aus dem zerstörten griechischen Lager Moria auf Lesbos zugesagt. Dies teilten die belgische Gesundheitsministerin Maggie De Block und ihr griechischer Kollege Giorgos Koumoutsakos am Mittwoch gemeinsam mit, wie die Agentur Belga meldete.

Zuvor hatte die belgische Regierung sich schon bereit erklärt, zwölf unbegleitete Minderjährige aufzunehmen. 18 weitere junge Leute seien bereits im Sommer in Belgien angekommen, hieß es weiter. Die neue Zusage sei zusätzlich. Bei den 100 bis 150 Menschen handele es sich um Familien mit Kindern, Müttern und alleinstehenden Frauen.

Am Dienstag hatte die Bundesregierung die Aufnahme von rund 1500 Migranten von mehreren griechischen Inseln, darunter Lesbos, zugesagt.
Sechs junge Männer sollen Feuer in Moria gelegt haben: Anklage erwartet

14.53 Uhr: Wegen des Verdachts der Brandstiftung im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos sollen am Mittwoch sechs junge Männer afghanischer Herkunft dem Staatsanwalt vorgeführt werden. Gegen die Verdächtigen, unter ihnen zwei Minderjährige, werde am Mittag Anklage erhoben, hieß es aus Behördenkreisen. Vier der Verdächtigen waren am Montag von der Polizei auf Lesbos festgenommen worden, wo ein verheerendes Feuer in der vergangenen Woche das größte Flüchtlingslager Europas zerstört hatte. Dadurch wurden mehr als 12.000 Flüchtlinge obdachlos.

Die beiden anderen Verdächtigen im Alter von 17 Jahren waren nach dem Brand auf das griechische Festland gebracht worden. Sie gehörten zu einer Gruppe von rund 400 unbegleiteten Minderjährigen, die kurz nach dem Brand in Sicherheit gebracht wurden, wie die amtliche Nachrichtenagentur ANA berichtete. Sie wurden später festgenommen. Nach Angaben der griechischen Behörden wurde das Feuer in Moria absichtlich gelegt.
Aufnahme von 1500 Flüchtlingen: UN-Flüchtlingshilfswerk von deutscher Auswahl überrascht

14.48 Uhr: Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat die Aufnahme von rund 1500 Flüchtlingen aus Griechenland in Deutschland begrüßt - sich jedoch über die Auswahlkriterien überrascht gezeigt. "Es handelt sich ja dabei um Menschen, die bereits einen Flüchtlingsstatus haben", sagte UNHCR-Sprecher Chris Melzer am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Dabei hätte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ausreichend Kapazitäten und Know-how gehabt, um Griechenland bei der Bearbeitung von Asylanträgen zu unterstützen. "Es wäre vielleicht sinnvoller gewesen, man hätte Menschen aufgenommen, die noch vor dem Asylverfahren stehen."

Dennoch sei es ein positives Signal, so werde die Zahl der Menschen auf den Inseln verringert - was ohnehin im Moment die dringendste Aufgabe sei. "Die Camps auf den griechischen Inseln müssen entlastet werden, sie sind immer noch bis zu vierfach überbelegt", sagte Melzer. "Selbst mit dem besten Management kann man die Menschen bei so einer Überbelegung nicht würdig unterbringen."
"Das dickste Brett": Merkel rechnet mit EU-Versagen in Flüchtlingspolitik ab

Mittwoch, 16. September, 10.56 Uhr: Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria hat die Bundesregierung angeboten, auch noch mehr als 400 Familien mit Kindern von den griechischen Inseln aufzunehmen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem vernünftigen und humanitären Ansatz. Sie werde weiter für einen europäischen Ansatz in der Migrationspolitik werben, sagte Merkel nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur von Teilnehmern in der Sitzung der Unionsfraktion. Aber angesichts der Situation vor Ort sei Hilfe in großem Umfang nötig.



dpaBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt an der Sitzung des CDU Bundesvorstands im Konrad-Adenauer-Haus teil




Auch die „Bild“-Zeitung berichtet unter Berufung auf mehrere Teilnehmer der Fraktionssitzung über Aussagen Merkels. Demnach wählte Merkel mit Blick auf das EU-Versagen in der Flüchtlingspolitik deutliche Worte: „Wir wussten alle, dass auf den griechischen Inseln unhaltbare Zustände sind, und zwar seit Langem.“ Weiter habe Merkel betont: „An Lesbos und am Lager Moria zeigt sich das ganze Elend der europäischen Migrationspolitik, die keine ist.“

Mit Blick auf die Lage in Lesbos und im Lager Moria sagte Merkel laut dpa: Wenn Experten des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sagten, dass sie selten auf der Welt so ein Flüchtlingslager wie Moria gesehen hätten, „dann ist das kein Zeichen für Europas Werte und für Europas Handlungsfähigkeit“.

Eine Flüchtlings- und Asylpolitik auf EU-Ebene bezeichnete Merkel laut „Bild“-Zeitung als das „das dickste Brett“. Dagegen seien Finanzverhandlungen „eine einfache Sache“.

Surftipp - Wie geht's weiter nach dem Lesbos-Drama? Seehofer stellt sich Fragen der Abgeordneten
Feuer auf Samos teils unter Kontrolle - erste Festnahmen

23.01 Uhr: Das Feuer unweit des Flüchtlingslager Vathy auf der griechischen Insel Samos ist halbwegs unter Kontrolle. Das berichtete das Insel-Onlineportal "Samos Today" am Dienstagabend. Das Lager sei nicht in Gefahr, sagte Bürgermeister Giorgos Stantzos dem Radiosender Thema 104.6. Auch habe es erste Festnahmen gegeben - mehrere Männer seien von der Polizei wegen des Verdachts der Brandstiftung festgesetzt worden. Um wen es sich den bei den Männern handelte und welche Motive sie verfolgten, war zunächst nicht klar.
Feuer auf der griechischen Insel Samos nahe des Flüchtlingslagers

22.30 Uhr: Auf der griechischen Insel Samos ist nahe des dortigen Flüchtlingslagers am Dienstagabend ein Feuer ausgebrochen. "Es brennt am Rande des Registrierzentrums", sagte der Bürgermeister der Ortschaft Vathy, Giorgos Stantzos, der Deutschen Presse-Agentur. "Noch brennen keine Zelte, aber ich bin besorgt." In sozialen Medien wurden entsprechende Bilder und Videos eines großen Brandherds veröffentlicht. Griechischen Medien zufolge ist das Feuer 200 bis 300 Meter oberhalb des Flüchtlingslagers ausgebrochen.





Griechische Politiker warnen seit dem Brand des Flüchtlingslagers Moria auf der Insel Lesbos vor wenigen Tagen vor der "Moria-Taktik", wonach Feuer auch in anderen Flüchtlingslagern auf den Inseln Samos, Chios, Leros und Kos gelegt werden könnten - vor allem, wenn die Menschen von Lesbos nun aufs Festland oder nach Mittel- und Nordeuropa gebracht würden. Die Migranten auf Lesbos fordern angesichts des niedergebrannten Lagers, die Insel sofort verlassen zu dürfen. Allerdings steht bei den meisten der Abschluss des Asylantrags noch aus. Die griechische Regierung besteht darauf, dass die Migranten den normalen Asylprozess durchlaufen müssen.

Im Flüchtlingslager Vathy nahe dem gleichnamigen Ort auf der Insel Samos leben laut dem griechischen Migrationsministerium rund 4600 Migranten, das Lager hat jedoch nur eine Kapazität von rund 650 Plätzen. Am Dienstag waren im Camp zwei Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden. Nach ersten Corona-Fällen im Camp Moria war die Situation vergangene Woche auf Lesbos eskaliert.
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Esken geht von Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus

18.12 Uhr: Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken geht davon aus, dass Deutschland nach der Aufnahme von 1553 zusätzlichen Flüchtlingen von den griechischen Inseln weitere Schutzsuchende von dort aufnehmen wird. Mit der Union sei klar vereinbart, dass Deutschland innerhalb eines möglichen europäischen Kontingents, über das seit einer Woche verhandelt werde, einen angemessenen Beitrag leisten werde. "Der wird sich mit Sicherheit in einer ähnlichen Größenordnung bewegen, wie wir jetzt auch handeln", sagte Esken am Dienstag in Berlin mit Blick auf die deutsche Zusage für die Aufnahme von 1553 zusätzlichen Flüchtlingen, zusätzlich zu 150 unbegleiteten minderjährige Asylsuchenden.

dpa/Rolf Vennenbernd/dpabildSaskia Esken, Parteivorsitzende der SPD.



Scholz und Seehofer einigen sich - Deutschland nimmt insgesamt 2750 Flüchtlinge auf

16.41 Uhr: Dass Deutschland rund 1500 Flüchtlinge aus Griechenland aufnimmt, verkündeten Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer bereits am Vormittag. Nun sind sich auch SPD und Union darüber einig, wie sich die insgesamt 1553 Flüchtlinge zusammensetzen. Seehofer hatte sich mit SPD-Vize-Kanzler Olaf Scholz darauf verständigt.

So sollen 408 Familien von mehreren griechischen Inseln, eine davon ist Lesbos, in Deutschland aufgenommen werden. Die 1552 Menschen sollen hauptsächlich aus Afghanistan, dem Irak und Syrien stammen. Dazu kommen dann noch die 150 unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden, die von Seehofer bereits am Freitag in Aussicht gestellt worden waren. Alle 1553 Personen hätten bereits das griechische Asylverfahren durchlaufen und seien anerkannt schutzberechtigt.

Socrates Baltagiannis/dpa




Deutschland hatte bereits vor dem Brand zugesagt, gemeinsam mit anderen europäischen Staaten besonders schutzbedürftige Migranten von den Inseln aufzunehmen - unbegleitete Kinder und Jugendliche sowie kranke Kinder mit ihren Eltern und Geschwistern. Laut Bundesregierung betrifft diese frühere Zusage insgesamt voraussichtlich mindestens 1000 Menschen, von denen mehr als 500 schon in Deutschland sind.

Die Gesamtzahl der Menschen, die Deutschland von den griechischen Inseln übernimmt, beläuft sich auf etwa 2750 Personen, erklärte Regierungssprecher Seibert.

Vize-Kanzler Scholz äußerte sich kurz nach dem Bekanntwerden der genauen Zahl und der Zusammensetzung gegenüber den Medien. „Es ist sehr gut, dass Deutschland so handelt“, sagte er. Dass 1553 Familienangehörige die Inseln verlassen könnten, sei ein Schritt in die richtige Richtung. "Natürlich ist klar, dass es damit nicht getan ist. Wir sind uns einig, dass wir an einer europäischen Gesamtlösung arbeiten müssen", sagte Scholz weiter. Daran wolle sich Deutschland dann nochmals beteiligen.

Thursday, September 24, 2020

unverschämte Belehrung von "Frankfurter Allgemeine Zeitung": EU-SANKTIONEN ZU BELARUS: Zypern schadet sich mit seiner Blockade selbst

unverschämte Belehrung von "Frankfurter Allgemeine Zeitung"


EU-SANKTIONEN ZU BELARUS: Zypern schadet sich mit seiner Blockade selbst

EIN KOMMENTAR VON REINHARD VESER-AKTUALISIERT AM 22.09.2020-12:16


Die EU sieht gegenüber Belarus wegen Zyperns Blockade handlungsunfähig aus. Diese außenpolitische Lähmung kann in der Türkei als Ermutigung verstanden werden, im Erdgasstreit mit Zypern rabiater vorzugehen.

Griechenland und Zypern können als EU-Mitglieder erwarten, dass ihnen die Union im Erdgaskonflikt mit der Türkei beisteht. In welcher Form und mit welchen Mitteln sie das tut, das müssen die Mitgliedstaaten gemeinsam entscheiden. Wenn Zypern in dieser Sache Sanktionen für notwendig hält, muss es die Partner davon überzeugen. Aber der Weg, den es dazu eingeschlagen hat, ist ungehörig und sogar dumm. Er schadet auch den Interessen und dem Ansehen Zyperns. Indem die zyprische Regierung ihre Zustimmung zu Sanktionen gegen Vertreter des belarussischen Regimes davon abhängig macht, dass auch Sanktionen gegen Ankara beschlossen werden, also durch das Verknüpfen zweier nicht miteinander verbundener Themen, erweckt sie den Eindruck, die EU sei außenpolitisch blockiert. 

Das wird die Türkei als Ermutigung verstehen, im Erdgaskonflikt noch rabiater aufzutreten. Schließlich hat das kleine Zypern nur dann eine Chance, seine Interessen gegenüber der vielfach größeren Türkei zu wahren, wenn es eine wirklich handlungsfähige EU an seiner Seite hat. Oder hat der zyprische Widerstand doch direkt mit Belarus zu tun? Die Mittelmeerinsel macht seit vielen Jahren Geschäfte damit, dass sie als Umschlagplatz für allerlei aus trüben Quellen stammende Vermögen postsowjetischer Oligarchen und Politiker dient. Lagert dort etwa auch Geld belarussischer Funktionäre, die auf der EU-Sanktionsliste stehen?





Saturday, September 19, 2020

Ein Polizeirevier voller Neonazis: Rechtes Netzwerk in NRW aufgeflogen. Berliner Beamte drangsalieren unterdessen Linke

junge Welt


29 neue Einzelfälle

Ein Polizeirevier voller Neonazis: Rechtes Netzwerk in NRW aufgeflogen. Berliner Beamte drangsalieren unterdessen Linke
Von Kristian Stemmler

Sie teilten Bilder von Adolf Hitler und Hakenkreuzen, belustigten sich über die fiktive Darstellung der Ermordung eines Flüchtlings in einer Gaskammer: In Nordrhein-Westfalen sind fünf Chatgruppen aufgeflogen, in denen mindestens 29 Polizeibeamte über ihre Handys neonazistische Inhalte ausgetauscht haben sollen. Nach Informationen des Spiegels richtet sich der Verdacht gegen eine ­komplette Dienstgruppe der Schutzpolizei in Mülheim an der Ruhr, die zum Präsidium in Essen gehört. Bei einer Pressekonferenz sprach NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) von einer »Schande für die Polizei« und »übelster und widerwärtigster rassistischer Hetze«.

In den Chats seien 126 Bilddateien mit strafrechtlich relevanten Inhalten entdeckt worden, so Reul laut dpa. Eine der Chatgruppen war offenbar bereits im Jahr 2013 gegründet worden. Alle 29 Beamte seien suspendiert, gegen alle Disziplinarmaßnahmen eingeleitet worden. Reul kündigte eine Sonderinspektion für das Polizeipräsidium Essen an. RP online meldete, seit Mittwoch morgen seien 34 Polizeidienststellen und Privatwohnungen in Duisburg, Essen, Moers, Mülheim und Oberhausen von mehr als 200 Ermittlern durchsucht worden.

Auf die Idee, gegen die 29 Polizisten wegen der »Bildung einer kriminellen Vereinigung« gemäß Paragraph 129 Strafgesetzbuch vorzugehen, kam wohl keiner. In Berlin war dieser Paragraph hingegen am Mittwoch morgen erneut die Grundlage für Razzien gegen Linke. Die Karlsruher Bundesanwaltschaft ließ die Räumlichkeiten von fünf Beschuldigten in Berlin und der griechischen Hauptstadt Athen durchsuchen, wie Markus Schmitt, Sprecher der Behörde, gegenüber jW bestätigte. Erst vor gut zwei Wochen hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg mutmaßliche Objekte der Gruppe »Roter Aufbau Hamburg« wegen desselben Vorwurfs durchsuchen lassen. In Berlin seien auch Wohnungen von drei Personen durchsucht worden, die »nicht tatverdächtig« sind, zudem zwei weitere Objekte in Athen, so Schmitt. Die Frage, ob der Polizeieinsatz am Mittwoch mit den Razzien beim »Roten Aufbau« zusammenhänge, wollte der Sprecher nicht beantworten. Zu den durchsuchten Objekten in Berlin gehörte nach jW-Informationen die anarchistische Bibliothek Kalabalik in Kreuzberg. Der Spiegel berichtete, ein Brüderpaar aus Berlin stehe im Zentrum der Ermittlungen. Die Ermittler vermuteten Verbindungen zu den Protesten gegen den G-20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017.

Für Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, liegt der Verdacht nahe, dass die Razzien in Berlin und in Hamburg zusammenhängen. Sie dienten offenbar der »Stimmungsmache« im Vorfeld der bald in der Hansestadt beginnenden »Rondenbarg-Prozesse« gegen mehr als 80 G-20-Gegner. Was die Anschlagsserie von Neo­nazis in Berlin-Neukölln und die »NSU 2.0«-Affäre angehe, träten die Behörden auf der Stelle – »aber hier wird wieder munter die Keule des Paragraphen 129 gegen Linke geschwungen«. Zu den Ermittlungen in NRW sagte Jelpke, diese zeigten, »dass es keineswegs nur um Einzelfälle geht«. Die »braunen Seilschaften« bei der Polizei müssten endlich zerstört werden.

Dass die zunehmende Repression gegen Linke in Berlin auf Widerstand treffen wird, kündigte das seit 30 Jahren existierende linke Wohnprojekt »Liebig 34« am Mittwoch an. Auf Twitter machte es als Termin für die geplante Räumung des Hauses in Berlin-Friedrichshain den 9. Oktober, 7 Uhr, öffentlich: »Lasst uns die Räumung zum Desaster machen!«